Edition Pleroma
Bücher für den geistigen Weg


Morgenrot über Christianopolis
Auf den Spuren utopischer Staatsideen

Von Martin Zichner

Edition Pleroma

ISBN 978-3-939647-62-1
E-Book: ISBN 978-3-939647-63-8

Seitenzahl: 308
Format: 16 x 22cm

Hardcover, € 26,00

E-Book, € 9,99

Der Autor beschreibt eine sorgfältig recherchierte Zusammenfassung aller Schriften, die von der Gottesbürgerschaft künden. Schon auf den ersten Seiten erfreut diese jugendlich frisch formulierte Einladung zu einer Städtereise in das Land Utopia. Alle tradierten Versionen der Gottesstaaten von der Antike bis zur Neuzeit finden Erwähnung. Zudem wird Wert darauf gelegt, das Ganze auch für Einsteiger verständlich zu gestalten. Also bindet der Verfasser die Vielfalt der anspruchsvollen Werke in leichte Dialoge von Jugendlichen, die sich auf eine ungewöhnliche Entdeckungsreise begeben haben. Zu viert analysieren sie, was uns die Urheber mit ihren Schriften nahebringen wollten. Dem Leser bietet diese Dramaturgie viel Raum zum Kennenlernen, Mitdenken und Weiterforschen. Solche wundervollen Sonnenstädte bleiben unerreichbar für profane Weltenbummler. Um in der Gottesbürgerschaft anzukommen, muss der Suchende ein Philosoph geworden sein, dem Einlass gewährt worden ist in der solaren Stadt, in der alles, was geschieht, aus der Kraft der Gottesnähe bestimmt und geordnet wird.

Dr. Martin Zichner (*1940) promovierte als Veterinärmediziner, wurde danach Leiter eines Wissenschaftlichen Dienstes in der Großindustrie. Parallel dazu entbrannte seine Leidenschaft für geistesgeschichtliche Themen. Im Laufe der Jahre veröffentlichte er nach verschiedenen Studienreisen etliche Bücher z.B. „Das maurische Spanien“, „Auf der heiligen Straße von Athen nach Eleusis“, „Die große Lebensspirale: Dantes geistige Botschaft“ und „Wege durch geheime Türen“. Zeitlebens inspiriert haben ihn tradierte Lehren von Mithras, Zarathustra, Mani, Rumi, Jakob Böhme, Lessing, Mahatma Gandhi und Tagore.


Leseprobe:

Vorwort


Der Gottesstaat ist erfahrbar in
der Liturgie von Heiligen Messen
und Mystischen Ritualen.


Auf der Suche nach Literatur über jene Gottesbürgerschaft, wie sie zuerst von Platon in der Politeia beschrieben wurde, fiel mir ein Büchlein in die Hand, in der utopische Staatsbilder von Platon bis Francis Bacon als Vorläufer von Marx und Engels bezeichnet werden. Leider prägt sich solches Gedankengut bei vielen Menschen ein, vor allem, weil eine dominante Plattform im Netz bei diesem Werk nach atheistischer Manier von politischer Philosophie und Grundlage der Naturrechtslehre spricht. Platon unterschied in seiner Ideenlehre sehr konsequent die Universalien von den Partikeln, wobei er die Universalien im Reich erhabener Ideen, gleichsam bei den Göttern, ansiedelte und nur den Partikeln feste Formen zugestand. Weder Politik noch das kommunistische Manifest wollte der Philosoph aus den Darlegungen abgeleitet wissen. Wo und wann auch immer von einer Gottes- oder Sonnenstadt die Rede ist, sind die Allegorien in den Schriften zwar dem sozialen Miteinander entlehnt, aber zu jeder Zeit war den Urhebern klar, es handelt sich nicht um eine auf Erden generell lebbare Form in den Staatsgefügen, vielmehr um eine individuell erfahrbare Bewusstseinsstruktur und allenfalls eine Verheißung auf ein überirdisches Sein, jenseits der irdischen Manifestation. In unserer grobstofflichen Welt herrscht entweder die weltliche Gemeinschaft oder ein Regent. Beide Staatsformen unterliegen der Streitkultur und wechseln sich einander temporär ab. Die Polarität erfordert neben solaren Konzepten auch die lunaren, und damit schließt sich eine rein solare Legislative aus. In der Civitas Dei hingegen begegnet uns die Ranggleichheit untereinander aufgrund der Gepflogenheit, dass alle Bewohner ein gemeinsames Ideal pflegen: Die Bruderschaft mit der Gottheit!

Das vorliegende Buch von Dr. Martin Zichner fiel mir 2009 in die Hände, als ich weiter auf der Suche nach Kommentaren zu den solaren Staatsgefügen gewesen bin. Schon auf den ersten Seiten erfreute mich diese jugendlich und frisch geschriebene Einladung zu einer Städtereise in das Land Utopia. Der Autor zählt alle Versionen von der Antike bis zur Neuzeit auf und legt Wert darauf, das Ganze auch für Einsteiger verständlich zu gestalten. Also bindet er die Vielfalt der anspruchsvollen Werke in leichte Dialoge von Jugendlichen, die sich auf eine ungewöhnliche Entdeckungsreise begeben haben. Zu viert spekulieren sie, was uns die Urheber mit ihren Schriften nahebringen wollten. Dem Leser bietet diese Dramaturgie viel Raum zum Kennenlernen, Mitdenken und Weiterforschen. Solche wundervollen Städte der Sonne bleiben unerreichbar für profane Weltenbummler. Um in der Gottesbürgerschaft anzukommen, muss der Strebende ein Philosoph geworden sein, dem Einlass gewährt worden ist in der heiligen Stadt, in der alles, was geschieht, von der Kraft der Gottesnähe bestimmt und geordnet wird. Das folgende Zitat vermittelt die Sehnsucht Suchender, die begrenzte Sichtweise der irdischen Existenz überwinden zu können: „Wäre es nicht ein köstlich Ding, wenn du alle Stunden so leben könntest, als wenn du von Anfang der Welt bisher gelebt hättest und noch ferner bis an das Ende derselben leben solltest? Wäre es nicht herrlich, wenn du an einem Ort so wohnen könntest, daß weder die Völker, die über dem Fluß Ganges in Indien wohnen, ihre Sache vor dir verbergen noch die, die in Peru leben, ihre Absichten dir verhalten könnten? Wäre es nicht ein köstlich Ding, wenn du in einem Buch so lesen könntest, daß du zugleich alles, was in allen Büchern, die jemals gewesen, noch da sind oder kommen und veröffentlicht werden, gefunden und jemals mag gefunden werden, lesen, verstehen und behalten möchtest? Wie lieblich wäre es, wenn du so singen könntest, daß du anstatt der Steinfelsen nur Perlen und Edelgesteine an dich brächtest, anstatt der wilden Tiere die Geister zu dir locktest und anstatt des höllischen Pluto die mächtigen Fürsten der Welt erregtest und bewegtest?“ (Confessio Fraternitatis, Gerhard Wehr: Die Bruderschaft der Rosenkreuzer)
Ebenso begegnet uns das Erscheinen einer solaren Regentschaft in der Offenbarung des Johannes: „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde, denn es waren vergangen der erste Himmel und die erste Erde, und nicht mehr ist das Meer. Und das Neue, die heilige Stadt, ich sah sie hernieder steigen aus dem Himmel von Gott, bereitet wie eine Braut, köstlich geziert für ihren Bräutigam. Und ich hörte eine gewaltige Stimme von dem Thron her rufen: Siehe, Gottes Einwohnung ist unter den Menschen und wohnen wird Er unter ihnen und siehe, sie werden Seine Völker sein und Er, Er selbst wird ihr Gott sein; und hinwegwischen wird Er jede Träne von ihren Augen. Und der Tod wird nicht mehr sein und Leid und Gram und Mühsal wird nicht mehr sein, denn was vorher war, das ist vergangen. Und der thront auf dem Thron, Er sprach zu mir: Siehe ich mache alles neu.“ (Offb 21, 1-5)

Alle wahren Weisheitsbücher beinhalten solche Verheißungen, die allerdings von weniger gebildeten Menschen als kommende Realität eingestuft werden, was zwingend zu Enttäuschungen führen muss. Auch der Splendor Solis, der Sonnenglanz, eine alchemistische Prunkschrift, endet mit ebendieser Gottesstadt, die sich aus dem Himmel herabgelassen hat und im vollen Sonnenglanz steht. Eine von goldener Sonne durchglühte Stadt ist ein Wunschtraum, der sich als roter Faden durch die gesamte Mystik zieht – unrealisierbar in der äußeren Welt, aber dennoch vorhanden in den Mysterien. Die keltische Gralsburg mit ihren 400 Rittern und wunderbaren Edeldamen schwingt in derselben Vorstellung von einer lichten Sphäre, in der jedem die Wohltat zukommt, die er benötigt. Der Name Civitas Dei – Gottesbürgerschaft oder Gottesstaat – hat sich im philosophischen Sprachgebrauch fixiert. Wir kennen des Weiteren Begriffe wie: Civitas solis, Sonnenstaat, das Neue Jerusalem, Utopia, Neu Atlantis oder Christianopolis. Es handelt sich jeweils um eine Lebensgemeinschaft geläuterter Menschen, in der Gott der alleinige Herrscher ist. Thomas Morus nannte seinen Gottesstaat deshalb Utopie, was soviel bedeutet wie Nichtort. Dies meint, er ist nicht von dieser Welt und damit der geheiligte überirdische Hort im Gegensatz zum profanen diesseitigen Ort. Ebenso stellt Augustinus die überweltliche Civitas Dei der Civitas terrana, einem sichtbaren, irdischen Staatsgefüge, kontrastierend gegenüber. Damit protestierte er gegen jede Form des sogenannten Kaiserkultes. Darunter versteht man all jene Versuche, in denen der Mensch auf Erden einen Gottesstaat erzwingen will. Diese Schuld luden die römischen Kaiser auf sich, indem sie sich selbst als Gott verehren ließen. Ganz Rom sollte ihr Tempel sein. Roma quadrata galt als heiliger Ort, und der Kaiser herrschte dort als thronende Gottheit. Wegen dieser Säkularisierung der Platonischen Idee, wegen des Herabziehens des Erhabenen, musste eine Erneuerung des Kultes erfolgen. Ein froher Christusimpuls konnte die Not wenden. Von dem Apokalyptiker Johannes wissen wir, wie sehr er gegen diesen Kaiserkult rebellierte, was schließlich zu seiner Verbannung auf die Insel Patmos und zu den 22 Kapiteln der Offenbarung führte.

Der einflussreiche Kirchenlehrer Augustinus von Hippo (354-430) verfasste gegen Ende seines Lebens ein Werk unter dem Titel „De civitate Dei“ – Über den Gottesstaat. Mit Hilfe von 22 Kapiteln knüpfte Augustinus deutlich an der Apokalypse an. Als Christ wollte er in seinen Schriften die Antike hinter sich lassen, indem er den Kaiserkult durch den christlichen Glauben ersetzte. Für Augustinus und seine Nachkommen blieb stets klar: Bei der Gottesstadt handelt es sich um eine Idealvorstellung, die allein im Bewusstsein des Gläubigen erreicht werden kann. So schimmert der Gottesstaat zwar in jedem Tempel und in jeder Kirche wie ein göttliches Glimmen hindurch, aber kein noch so prächtiger Tempelbau ist gleichbedeutend mit dem Neuen Jerusalem, weder das Gemäuer noch die Devotionalien. Durch die heiligen Handlungen – ob  kirchliches Sakrament oder mystisches Ritual – werden die erhabenen Ideale göttlicher Staaten allerdings im Herzen des Einzelnen erfahrbar. Dennoch ist die Gottesbürgerschaft nicht die Liturgie selbst, denn zum Gottesstaat werden Kirche, Tempel und Kultgeschehen erst dann, wenn die Liturgien in gerechter Weise zelebriert werden und die höhere Ordnung darin Einwohnung genommen hat. Denken wir hier an die jüdische Shekinah, den dreifaltigen Altar, von dem es heißt, Gott nehme dort seine Einwohnung.

Das Neue Atlantis von Francis Bacon versteht sich ebenfalls als eine Utopie, eine fantastische Erzählung rund um eine geistige Bruderschaft, die sich eine Insel zu ihrer Wirkstätte erkoren hat. Der Baron Baco de Verulam und Viscont St. Alban (1561-1626) war Jurist, Forscher, Mystiker und Philosoph. Er gehörte in den mystischen Kreis von Königin Elisabet I. von England und war damit auch ein Zeitgenosse von John Dee, Michael Maier und Kaiser Rudolf II. von Hessen-Kassel. Die Theosophen nennen ihn einen der ihren, ebenso wie die Rosenkreuzer. Fest steht, dass er nach dem Tod von Michael Maier als Großmeister die Leitung eines damaligen Ordens übernahm, der sich zu den Rosenkreuzern bekannte. So wundert es auch nicht wenig, wenn sich sein Roman Nova Atlantis liest, als sei es ein Gründungsprotokoll eines Rosenkreuzer Ordens. Bacon geht in seinem Werk von dem versunkenen Atlantis als Tatsache aus. Nach dessen Untergang sei die fiktive Südseeinsel Bensalem (Sohn des Friedens) zur Heimat einiger Atlanter geworden; diese hätten dann dort das Neue Atlantis errichtet.

Am Ende dieser einführenden Worte sei der Leser aufgefordert, sich nach der Lektüre dieses Buches selbst an die Quellen zu begeben und den Genuss zu finden, überlieferte Texte der Civitas Dei zu lesen und darüber zu kontemplieren. Als Anregung dazu eignen sich einige wenige Worte von Francis Bacon, in denen er metaphorisch das Haus Salomonis beschreibt: „Ihr werdet sehen, meine lieben Freunde, dass unter den Taten jenes Königs eine besonders hervorsticht. Es handelt sich um die Gründung oder Einrichtung eines gewissen Ordens oder einer Gesellschaft, die wir das Haus Salomonis nennen. Es ist dies, sage ich euch, unserer Meinung nach die großartigste Gründung aller derartigen auf der Erde und eine große Leuchte unseres Landes. Dieses Haus ist der Erforschung und Betrachtung der Werke und Geschöpfe Gottes geweiht. Einige glauben, dass sein Name, wenn auch ein wenig verändert, von dem Gründer herrühre und man eigentlich >Haus Solamonas< sagen müsse, aber selbst die authentischen Archive haben es so geschrieben, wie es jetzt im täglichen Gespräch genannt wird. Daher glaube ich, dass sein Name von jenem König der Israeliten herstammt, der bei euch berühmt, aber auch bei uns nicht unbekannt ist. Wir besitzen nämlich bestimmte Teile seiner Werke, die man bei euch vermisst.“

Gabriele Quinque,
Frankfurt am Main, Mai 2023




Erleben Sie die zeitlose Weisheit von Mund zu Ohr

>