Edition Pleroma
Bücher für den geistigen Weg

Vierte Auflage!
Ein in seiner Offenbarung der Mysterien einzigartiger Klassiker von 1916

Symbolik der Mysterienbünde

Von August Horneffer

Edition Pleroma

ISBN 978-3-939647-02-7

Hardcover, € 26,00


Erst dort wo die Lehre aufhört,
Lehre zu sein und Erlebnis wird,
wo das Wort zum Bild,
der Gedanke zum Symbol wird,
fängt das Geheimnis an.

August Horneffer

Dieser grandiose Klassiker von 1916 nimmt sich mit Einsicht der Symbolhandlungen abendländischer Hochgrad-Weihen an, wie sie in den Gradsystemen der Freimaurer und initiatisch wirkender Rosenkreuzer zur Anwendung kommen. Der Freimaurer August Horneffer offenbart dem Leser Gedanken von Getragenheit und Würde. Umfassend gedeutet werden Tempelarbeiten wie Lichteinbringung, Namensgebung, Einkleidung, Salbung sowie die Heiligen Eide und das Brudermahl. Die Erkenntnisse, die ein Mysterienbund in traditioneller Logenarbeit weitergibt, erstrecken sich auf alle Seinswelten und reichen weit über das persönliche Dasein hinaus. Der Verfasser schlägt einen Bogen von den Kulten der Antike bis in die Neuzeit und stellt unter Beweis, wie alle traditionellen Geheimbünde dasselbe Thema tragen – die geistige Wiedergeburt und die daraus erfolgende Zugehörigkeit zur kosmischen Union. Hinter einem Ritualbeamten, der die Weihe vollzieht, steht ein unsichtbar wirkender Meister. Über dem Bundestempel erhebt sich der große, bis in das Ungemessene sich ausdehnende All-Tempel, und das ist der Ort der wahren Menschwerdung.

Über den Autor:

Der Philosoph und Freimaurer Dr. August Horneffer (1875-1955) ließ seinen Namen schon zu Lebzeiten mit seiner literarischen Begabung aufleuchten. Ganz besonders bewegte ihn der felsenfeste Glaube an den höheren Sinn des Lebens, den er in allen Schriften zum Ausdruck brachte. Neben mehreren Büchern gab er gemeinsam mit seinem leiblichen Bruder, Prof. Dr. Ernst Horneffer, die Monatszeitschrift Der unsichtbare Tempel heraus und leitete das Bundesblatt Am rauhen Stein einer Berliner Loge.


Leseprobe: 

Einleitung
Erkennen und Leben gehören zusammen. Eine vom Volksleben und von den Zeitströmungen unabhängige Wissenschaft kann es und darf es nicht geben. Zwar ruhen des echten Forschers Augen unbestechlich und unbeirrt auf den Gegenständen seiner Forschung, aber die Auswahl, die er unter den Gegenständen trifft, und die Art, wie er seine Einzelbeobachtungen zu allgemeineren Erkenntnissen zusammenfügt, wird, ihm selber vielleicht unbewusst, durch die Bedürfnisse seiner Zeit und durch seine eigenen Herzenswünsche bestimmt. Am deutlichsten kommt das naturgemäß bei denjenigen Wissensgebieten zum Ausdruck, die das leibliche oder geistige Wohl des Menschen unmittelbar berühren. Diese Wissensgebiete verändern unter dem Einfluss der wechselnden Kulturrichtungen von Zeit zu Zeit in auffallender Weise ihre Gestalt und ihren Inhalt. Die Forscher bevorzugen plötzlich Gegenstände, die vorher vernachlässigt wurden, sie entdecken neue Zusammenhänge und stellen Fragen, die vor wenigen Jahrzehnten noch der Beantwortung kaum bedürftig schienen.

So hat das Gebiet der Kultur- oder Geistesgeschichte in der jüngsten Zeit starke Wandlungen erfahren. Die Studienfächer, die man bis dahin gern getrennt hielt: Philologie, Geschichte, Theologie, Psychologie haben ihre Grenzen verschoben und sind zu Hilfswissenschaften einer allgemeinen Menschenwissenschaft (Anthropologie, Humanitätskunde) und deren Teilen geworden, also der Moralwissenschaft, der Gesellschaftswissenschaft, der Religionswissenschaft. Probleme der menschlichen Denk-, Tat- und Glaubensentwicklung, die die dahingegangene Forschergeneration kaum beachtete, sind in den Mittelpunkt der Forschung getreten. Und wer kein Fremdling in seiner Zeit ist, wird gewahr, dass diese Wandlung eng mit den Entwicklungskämpfen und praktischen Forderungen der lebendigen Gegenwart zusammenhängt. Die Zeit hat den Forschern die Augen für die neu entdeckten Probleme geöffnet. Zwei solche Grundfragen, die lange Zeit wenig Beachtung fanden, weil ihre Lösung leicht oder doch nicht eilig schien, und die man daher im Rahmen der einzelnen Forschungszweige nebenher behandeln zu können glaubte, bilden den Gegenstand des vorliegenden Buches. Seit kurzer Zeit erst wird die hohe Bedeutung dieser beiden Grundfragen erkannt, immer mehr ziehen sie die Aufmerksamkeit der Forschung auf sich und werden zu einer der wichtigsten Angelegenheiten der gesamten Wissenschaft vom Menschen. Die eine Frage ist die der Symbolbildung, die andere die der Gemeinschaftsbildung.

Symbole begegnen dem Forscher auf allen Kulturgebieten, in der Religion und der Kunst so gut wie im Rechts- und Staatsleben. Unser Denken und Sprechen, Handeln und Gestalten geht mit Hilfe von Symbolen vor sich. Die kostbarsten und unzerstörbarsten Güter, die das Menschengeschlecht besitzt, sind Symbole oder symbolisch ausgedrückte Werte. Diese Tatsache entging den Gelehrten der letzten Generationen oder, wenn sie sie zugeben mussten, erkannten sie nicht ihre Bedeutung. Sie standen im Banne des Glaubens, dass wohl die unreifen und kulturarmen Völker symbolisch dächten und lebten, dass aber die Kulturmenschheit der symbolischen Auffassung mehr und mehr entwachsen sei. Die Forscher entlehnten diese falsche Meinung den kritischen Zeitströmungen, die sich gegen den Symbolbesitz der überlieferten Religion und dessen kirchliche Dogmatisierung richteten. Auf diese Zeit der Kritik ist heute eine Zeit des Aufbaus gefolgt. Die Menschen fühlen in wachsendem Maße den Mangel an Symbolen als eine geistige Verarmung, sie suchen alte Symbole zu beleben oder neue zu finden. Dadurch wird die Forschung angeregt, die älteren Symbolschätze des Menschengeschlechts eifriger als bis- her zu studieren, ihren Ursprung, ihre Geschichte, ihren Zusammen- hang durch die Zeiten und Völker aufzudecken und den Sinn jener merkwürdigen Gebilde des menschlichen Geistes, die das Glück von Millionen ausgemacht haben und auch weiterhin ausmachen werden, zu erklären. Infolgedessen hat in den letzten Jahrzehnten eine rege Symbolforschung eingesetzt. Zahlreiche Forscher sammeln, vergleichen, deuten die symbolischen, mythischen, kultischen Bestandteile der verschiedenen Religionen, und diese Forschungen gruppieren sich aus mehreren Gründen um einen Mittelpunkt: um die an symbolischem Schaffen reichste und gewaltigste Zeit, die wir kennen, das ausgehende Altertum und beginnende Christentum.

So erfolgreich diese Symbolforschungen sind, so leiden sie doch bisher fast durchweg an dem Fehler, dass sie die Bedeutung der zweiten der genannten Grundfragen übersehen und die Symbolbildung nicht in Zusammenhang mit der Gemeinschaftsbildung bringen. Von jeher schufen die Menschen geistige Verbände, hielten mit äußerster Zähigkeit an ihnen fest und brachten ihnen opferfreudige Verehrung dar. Auf diesen Verbänden ruht alle menschliche Kultur. Und diese Verbände sind ausnahmslos symbolischer Art! Keine echte Gemeinschaft unter Menschen, die sich nicht der Symbole bediente, und umgekehrt. Kein echtes Symbol auf Erden, das nicht Gemeinschaftssymbol wäre. Daher kann die Symbolforschung nie zum Ziel gelangen, wenn sie nicht dem Gemeinschaftsproblem ihre ernste Aufmerksamkeit zuwendet, ebenso wie das Verlangen unserer Zeit nach lebendigen und als wahr empfundenen Symbolen nie befriedigt werden kann, wenn sich die Menschen nicht zu engen Geistesbünden und Brüderschaften zusammenschließen. Nur mühsam bricht sich diese Erkenntnis heute Bahn. Die meisten Förderer einer sittlich-religiösen Vertiefung in unserem Volk denken immer noch, es käme nur auf die Erweckung der persönlichen Religion und auf individuelle Erziehung zum irdischen Leben an, sie sehen nicht, dass dieser Weg zur geistigen Zerbröckelung und Verwüstung führen muss, wenn man nicht gleichzeitig zur Gemeinschaftsbildung aufruft und, falls man die überlieferten Geistesbünde für ungeeignet hält, zu neuen Bundes- oder Ordensgründungen schreitet. Wenn nichts Anderes, so sollte jeder große Krieg jeden über die Gewalt des Gemeinschaftssinnes und über die Notwendigkeit der Verbrüderung der Geister belehrt haben. Zugleich lehrt uns der Krieg auch, dass der Gemeinschaftswille unwillkürlich Symbole hervortreibt: Das Verlangen nach Verbrüderung und das Wissen, einem Bruderkreise anzugehören, sucht sich nämlich stets in Bildern und Zeichen auszuprägen und zu entladen.

Möchten sich die Forscher diese Erfahrung zu Eigen machen! Viele Irrwege würde sich die gesamte Kulturwissenschaft, in Sonderheit auch die Religionswissenschaft ersparen, viel tiefer würde sie in das Wesen der großen geistigen Schöpfungen unseres Geschlechts (z. B. des Christentums) eindringen, wenn sie die Ursachen und Erscheinungsformen der geistigen Gemeinschaftsbildung mit den Untersuchungen über Symbol-, Mythen- und Lehrbildung in Zusammenhang brächte.

Indem das vorliegende Buch die innere Einheit von Symbol und Gemeinschaft in den Vordergrund rückt, gibt es notwendigerweise noch einer anderen Überzeugung Ausdruck, dass nämlich alle Symbolbünde des Menschen Mysteriencharakter tragen. Das Mysterienproblem ist das dritte, das neben und mit dem symbolischen und dem Gemeinschaftsproblem die nachfolgenden Ausführungen beherrscht. Alle Symbole haben etwas Geheimnisvolles und alle Symbolbünde haben sich im Besitz von Geheimnissen gefühlt, die sie nach außen durch Verhüllung und Verhehlung zu schützen suchten. Der heutigen, nach Öffentlichkeit und Allgemeinheit drängenden Zeit, ist diese Tatsache unbekannt oder man durchschaut wenigstens ihre Bedeutung nicht. Ebenso fehlt die Einsicht in die tiefsten Ursachen sowie in den Umfang des Mysterienwesens in der Geistesgeschichte der Menschheit fast allen zeitgenössischen Forschern. Dieser Erkenntnis die Bahn zu brechen ist ein Hauptzweck meines Buches.

Aus dem Gesagten ergibt sich die Darstellungsweise, deren wir uns bedienen müssen, von selber. Es kann nicht unsere Absicht sein, alle Symbole einzeln aufzuzählen, ihre Entwicklung historisch zu ver- folgen und die Geschichte der zahlreichen Mysterienbünde alter und neuer Zeit zu schreiben. Vielmehr müssen wir psychologisch vorgehen und die symbolischen Kerngedanken, die symbolischen Grundwahrheiten herausheben, die in den wichtigsten Symbolbünden Geltung gehabt haben und noch heute haben. Es wird sich zeigen, dass die Menschheit immer wieder dieselben symbolischen Wege gegangen ist und ihr geistiges Verbrüderungsbestreben immer wieder auf ähnliche Bilder und Gleichnisse gegründet hat. Das Tatsachenmaterial, das wir vorlegen, hat nur den Zweck, diese symbolischen Grundwahrheiten deutlich in das Licht zu stellen. Vollständigkeit streben wir nirgends an, rechnen vielmehr darauf, dass den Kennern unser Beispielmaterial als Anregung dienen wird, die Darstellung im Geiste zu ergänzen und den gegebenen Grundriss auszufüllen. Es wird den Kennern nicht entgehen, dass es dem Verfasser ein Leichtes wäre, für die erwähnten Symbole und Gemeinschaftsbräuche sehr viele weitere Belege beizubringen. Aber dieses würde die Übersicht erschweren und den Zweck des Buches verdunkeln, nämlich durch Zusammenschau des geistigen Symbolwesens und des mysterienartigen Gemeinschaftsstrebens der Forschung neue Ausblicke zu eröffnen und den edelsten Bedürfnissen der Gegenwart entgegenzukommen. Die Blütezeit der Symbolbünde ist, wie schon gesagt, das ausgehende Altertum, als eine zweite Blütezeit dürfen wir das 17. und 18. Jahrhundert bezeichnen. Diese beiden Epochen kommen für uns daher hauptsächlich in Betracht. Jedoch lässt es sich nicht vermeiden, weiter hinaufzusteigen und das frühere Altertum zu berücksichtigen, ebenso wie wir gelegentlich die reiche Symbol- und Bundestätigkeit der primitiven Völker und die im europäischen Volksglauben und -brauch aufgespeicherten Früchte des symbolischen Schaffens unserer Vorfahren mit heranziehen müssen. Die Frage, ob die Symbole meist durch Entlehnung von einem Bund zum andern gekommen oder immer wieder selbst- ständig gefunden worden sind, ist für uns von geringem Belang. Sie geht den Historiker mehr an als den Psychologen, denn es leuchtet ein, dass Entlehntes nur dann Kraft und Leben hat, wenn es den Bedürfnissen der Nachkommen so entspricht, dass sie es hätten selber finden können und müssen. Die Symbolbünde sind meist des Glaubens, dass sie von jeher bestanden und ihr Geheimnis durch Tradition aus den urältesten Zeiten, schließlich von Gott selber empfangen hätten. Besonders im Freimaurerbund hat der Gedanke einer lückenlosen Überlieferung der Bundesgeheimnisse vom Ursprung der Menschheit durch alle Zeiten bis zur Gegenwart Aus- druck gefunden. Dieser Gedanke ist auf jeden Fall innerlich, das heißt geistig und symbolisch wahr. Ob er auch äußere, das heißt historische Wahrheit besitzt, ist eine andere Frage, die hier nicht erörtert werden kann. Uns genügt die folgende Feststellung: Die Symbole und Bundesformen sind in allen geschichtlichen Epochen und bei allen Völkern einander ähnlich, sodass eingehende Vergleiche das Verständnis ungemein fördern.

Bei den Symbolen des orientalisch-europäischen Kulturkreises geht die Ähnlichkeit so weit, dass allerdings eine Übertragung und Vererbung in größerem Umfange angenommen werden muss. Die Linie geht von den staatlichen und privaten Kultverbänden der Babylonier, Ägypter, Inder, Perser, Vorderasiaten, Griechen, Römer, zu den synkretistischen Gemeinden und Vereinen der hellenistischen und frühchristlichen Zeit, unter denen für uns besonders die Mysterienbünde von Wichtigkeit sind. Im engeren Sinne sind dies der Isis-, Mithras-, Attiskult, ferner die christlichen und halbchristlichen Gemeinden, endlich die Philosophen- und Theosophenbünde, weiter zu den christlichen Neben- und Engbünden des Mittelalters, Häretikergemeinden, Ritter- und Mönchsorden, Kunst- und Werkbruderschaften, und endlich zu den Symbolschöpfungen der neueren Zeit. Zu nennen wären hier Humanistenbünde, Rosenkreuzer, Freimaurer und was sich an sie angelehnt hat. Bei der Übermittlung alten Symbolgutes an die moderne Welt haben außerdem mitgewirkt: die Kabbala, die Magie, die Alchemie und die Astrologie sowie andere in Gemeinschaften verkörperte Bestrebungen, die wir im 5. Kapitel näher kennen lernen werden. Gern bekenne ich, dass ich die Hauptanregung zu dem vorliegenden Buch dem Freimaurerbund verdanke. Der Freimaurerbund ist einer der echten Mysterienbünde, die in der Gegenwart noch lebendig sind. In ihm kann man durch die Erfahrung und das unmittelbare Erlebnis lernen, was sich sonst nur aus Büchern mühsam gewinnen lässt. Durch die Freimaurerei hat sich mir gleichsam die Innenseite des symbolischen Bundeswesens der Menschheit erschlossen, und von da aus haben sich mir auch neue Zugänge zum menschlichen und geschichtlichen Verständnis der Religion, in Sonderheit des Christentums eröffnet. Daher bilden die nachfolgenden Untersuchun- gen eine notwendige Ergänzung zu meinem Werk Der Priester (2 Bände, Jena 1912), für welches ich die freimaurerischen Erfahrungen noch nicht genug hatte verwerten können.

Indessen wäre es ein Irrtum, wenn man annehmen wollte, es handle sich in dem vorliegenden Buch ausschließlich oder auch nur vorwiegend um Freimaurerei. Die Freimaurerei ist ein Glied der großen Familie der Mysterienbünde. Die besonderen Eigenschaften und persönlichen Charakterzüge dieses einen Gliedes zu schildern ist nicht unsere Absicht, nur insofern werden dieselben hier Berücksichtigung finden, als sie das Gesamtbild zu beleben vermögen und uns den Einblick in das Wesen der Mysterienfamilie und die Formen der symbolischen Bundesbildung im Allgemeinen erleichtern.

August Horneffer

Berlin, 1924


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